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Enteignung ohne Entschädigung und unter Arbeiterkontrolle
von : FT-CI Deutschland

18 Jun 2009 |

Angesichts der schlimmsten Wirtschaftskrise seit vielen Jahren, welche nicht nur eine oder ein paar wichtige Wirtschaften heimsucht, sondern alle imperialistischen ländern zur selben Zeit trifft, ist damit zu rechnen, dass ihre katastrophalen, wirtschaftlichen, sozialen und politischen Auswirkungen erst noch zu spüren sein werden (in Deutschland werden die Auswirkungen erst nach den Bundestagswahlen zu sehen sein, wenn sich alle im Vorfeld des Wahlkampfes gemachten Versprechungen wie ... als leer entpuppen werden).
Selbstverständlich wird die herrschende Klasse, die Kapitalistenklasse, die ganze Last der Krise auf die Schultern der Arbeiterklasse abwälzen. Beispiele hierfür haben wir schon oft genug präsentiert bekommen: Rettungsschirme für Banken auf der einen Seite, Massenentlassungen von Leiharbeitern und Kurzarbeit, d.h. die Vorstufe der Arbeitslosigkeit, auf der anderen. Nun wird diese Krise als eine Art Naturereignis dargestellt oder als das Produkt einzelner raffgieriger Bankmanager, die ihre Gier nicht zügeln konnten. Wir wissen jedoch, es handelt sich um eine immanente Eigenschaft des krankhaften und daher krisenhaften Kapitalismus. Was sich hinter diesem ideologischen Kunstgriff verbirgt, ist der Versuch uns glaubhaft zu machen, es gebe keine Alternative zu Massenentlassungen, Armut in Form von Hartz-4 Plänen und Resignation.
Wie erfolgreich die Herrschenden dabei sind, ist angesichts des unter vielen linken Kräften grassierenden Skeptizismus mehr als deutlich. Aber es gibt eine Erfahrung, die bewiesen hat, dass es anderen Weg als die kapitalistische Misere gibt: Die Kachelfabrik von Zanon in Argentinien hat mit ihrem heldenhaften Kampf gezeigt, dass die Arbeiter unentbehrlich sind, um die Produktion aufrecht zu erhalten, die Chefs jedoch nicht.: d.h., dass es möglich ist, eine Fabrik ohne Chefs zu leiten. Zanon ist ein Beispiel dafür, weil es eine Alternative aufzeigt, eine Alternative des Kampfes, der Würde, welche sich die Gesamtheit der Arbeiterklasse in Deutschland und anderswo zu eigen machen sollte, wenn sie nicht untergehen will.
Das Beispiel der Zanon-Arbeiter: Ein Musterbeispiel des Kampfes
Der Kampf der Kachelarbeiter von Zanon begann im Oktober 2001. Damals zeigte der wirtschaftliche Konjunkturrückgang schnell seine Auswirkungen im industriellen Sektor. Darauf zögerte die Leitung der Firma Zanon nicht, die Krise auf die Arbeiter abzuwälzen, indem sie die ausstehenden löhne einfach nicht zahlte und 380 Arbeiter fristlos entließ. Unmittelbar danach entschieden die Arbeiter, permanente Versammlungen zu organisieren und auf Mobilisation zu setzen; das Unternehmen antwortete mit der Aussperrung aller Arbeiter.
Von nun an gingen die Arbeiter dazu über, ihre Rechte zu verteidigen, indem sie die Arbeitsschichten aufrechterhielten und Zelte am Fabrikeingang aufschlugen. Die Offensive des Unternehmens wurde radikaler. Es zeigte die Arbeiter wegen Usurpation an, und die Landesgerichte ordneten seiner-seits die Räumung der Fabrik an, was eine brutale Repression der Arbeiter seitens der Polizei zur Folge hatte. Die 19 bei dieser Repressionsmaß-nahme verhafteten Arbeiter wurden nach einer massiven Demonstration freigelassen.
Angesichts der Räumungsklage und der brutalen Repression antworteten die Arbeiter mit der Produktion unter eigener Führung. Dabei unterstützten sie nicht nur die Bevölkerung der Region (Neuquén), sondern auch die aus anderen Orten des Landes. Die Studenten der örtlichen Universität des Comahue (in Patagonien) haben die Arbeiter im ihren Kampf ebenfalls unterstützt, bei jedem Räumungsversuch schlugen sie sich auf die Seite der Arbeiter und haben in der Tat gezeigt, wie die Einheit zwischen Arbeitern und Studenten aussehen kann. Hunderte von Arbeiterorganisationen, Gewerkschaftler, Arbeitslosen-Organisationen, Studenten und Künstler unterstützten und verbreiteten den Kampf der Arbeiter von Zanon, der Kampf für die Enteignung des Unternehmens ohne Entschädigung und unter Arbeiterkontrolle. Diese Forderung verwandelte sich schließlich in eine Kampffahne.
Die Arbeiter dieser Fabrik haben ohne Chefs, ohne Direktoren, ohne Bürokraten bewiesen, dass sie eine Antwort auf die sozialen Probleme der Gemeinde, der Arbeiter und der armen Bevölkerung geben können: Sie haben Gesundheitszentren mitgebaut, Spenden für Volksküchen, Schulen, Krankenhäuser und Kinderhorte gemacht. Sie förderten auch die Arbeitersolidarität mit der Errichtung eines Streiksfonds für die Unterstützung anderer Arbeiterkämpfe. Nebenbei schufen sie 500 echte Arbeitsplätze, die unter den Genossen der Arbeitslosenorganisationen nach sozialen Kriterien aufgeteilt wurden.
Zanon ist ein Kampfbeispiel, und ein Beispiel für die Gesamtheit der beschäftigten und arbeitlosen Arbeiter, ein Beispiel, welches die Reihen zusammenschweißt: Sie haben bewiesen, dass, wenn ein Kapitalist eine Fabrik zumacht, sie dennoch eine soziale Aufgabe erfüllen kann. Sie haben bewiesen, dass die Produktion auch ohne Chefs möglich ist. Mehr noch, in Zeiten grassierender Arbeitslosigkeit haben sie Arbeitsplätze geschaffen! Die Hürden, die sie dabei überwinden mussten, waren riesig: von Ex-Gewerkschaftsbürokraten kommandierte Streikbrecher, von den Fabrikbesitzern bezahlte Raufbolde, Polizeiwillkür und Repression, Morddrohungen, Ìberfall auf einzelne Arbeiter vor den Fabriktoren, richterliche Anordnungen und Räumungsbefehle usw., aber sie haben sie alle dank ihrem Wille zum Kampf und der ständigen Kontrolle durch die Versammlung überwunden.
Dank diesem beispielhaften Kampf haben die Kachelarbeiter von Zanon erstens die Gerichte gezwungen, den Konkurs des Unternehmens zu deklarieren. Somit war der legale Weg für die Verwaltung des Unternehmens durch eine Kooperative gegeben. Die Arbeiter von Zanon, wohlwissend welche Schwierigkeiten und Falle eine Kooperative mit sich bringt, gründeten die Kooperative FaSinPat (Fabrik ohne Bosse). Dabei haben sie den Kampf für die endgültige Enteignung des Unternehmens unter Arbeiterkontrolle nie aufgegeben. Zweitens haben sie alle Ìberbleibsel der ehemaligen Gewerkschaftsbürokratie überwunden und die Statuten der Gewerkschaft der Kachelarbeiter von Neuquén verfasst, welche ein antibürokratisches und kämpferisches Manifest darstellen.

 

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