Die BergarbeiterInnen im Spanischen Staat streiken seit acht Wochen. Subventionen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze wurden meist zweckentfremdet. Unter den Streikenden sind auch viele Frauen. Ein Gespräch mit Maria González, Bergarbeiterin aus der Grube “María Luisa” in Asturien.
Seit Wochen streiken BergarbeiterInnen im Spanischen Staat gegen die Kürzung von staatlichen Subventionen um zwei Drittel. in deren Folge werden Minen geschlossen und Tausende Kumpels entlassen. An dem Arbeitskampf in Asturien sind nicht wenige Frauen beteiligt. Wie viele arbeiten unter Tage?
In der Grube “María Luisa” arbeiten 2000 BergarbeiterInnen, darunter 200 Frauen. Ich fing mit 29 Jahren an. Zuvor haben wir einen langen Kampf dafür geführt, dass Frauen in den Minen arbeiten können. Jeden Tag fahre ich 689 Meter unter die Erde, in einem “Käfig”, wie wir es nennen. Wir wissen, zu welcher Uhrzeit wir reinfahren, aber nicht, ob wir wieder rauskommen. Es ist eine sehr harte Arbeit in der Mine, für Männer und für Frauen. Deswegen sind wir aber auch so entschlossen und kämpferisch. Mein Großvater arbeitete in der Mine und mein Vater auch, dort starb er im Alter von 47 Jahren. Es war besonders schwer für meinen Bruder, in der Grube zu arbeiten, in der mein Vater gestorben ist.
Was für Jobs machen Frauen in den Minen?
Wir machen die gleiche Arbeit wie die Männer. Aber natürlich ist es schwieriger für eine Frau, zum Beispiel wegen der fehlenden Toiletten unter Tage. Dennoch behandeln uns die Männer mit viel Respekt, zumindest im Vergleich zu anderen Sektoren, in denen ich gearbeitet habe. Es gibt viel Kameradschaft, weil wir alle die gleiche, harte Arbeit machen.
Für das Recht, in der Mine zu arbeiten, musste ich zunächst vor dem Verfassungsgericht klagen und gewinnen. 1985 begehrten Frauen, unter Tage zu arbeiten, nachdem eine Firma etwa 1.000 neue Stellen ausgeschrieben hatte. Das Urteil kam im Dezember 1992, bis dahin durften Frauen nicht im Bergbau arbeiten.
Wie sind die Arbeitsbedingungen?
Für beide Geschlechter sind sie unmenschlich. Wir müssen aufpassen, dass unser Brot nicht von Kakerlaken und Ratten aufgefressen wird. Es ist sehr feucht und sehr heiß unten, so dass wir nach acht Stunden nassgeschwitzt sind. Ein Unfall im Bergwerk ist nicht das Gleiche wie bei einer anderen Arbeit. Als ich anfing, hatte ein Kumpel einen Unfall, und ich musste ihn allein fast 300 Meter schleppen. Ich rettete ihm das Leben. Am nächsten Tag musste ich um sechs aufstehen und zur Arbeit gehen, wie an jedem anderen Tag.
Wir sind fast 700 Meter in der Tiefe, in der Dunkelheit. Wir sehen kein Licht und merken nur an den Gerüchen, ob es draußen Sonne oder Regen gibt.
In den Medien heißt es, die Bergarbeiter seien privilegiert, mit relativ hohen löhnen und Rentenansprüchen …
Wieso redet man nicht über die Polizisten, die mit 52 in Rente gehen? Es kann doch kein Privileg sein, die Gesundheit oder das Leben in der Grube zu lassen. Die harte Arbeit vereint uns. Deswegen sind wir stolz darauf, dass wir jetzt kämpfen.
Die Unternehmen haben nach der Schließung von Minen Subventionen für das Schaffen anderer Arbeitsplätze in der Region bekommen. In der Regel haben sie damit Scheinfirmen aufgebaut, wieder geschlossen und so ein Vermögen gemacht. Diese Hilfen waren jedoch für die Diversifizierung der Wirtschaft in den Dörfern nach der Schließung der Mine, damit wir auch alternative Arbeitsplätze bekommen. Doch die Mehrheit der Unternehmen hat sich das Geld einfach eingesteckt.
Wie organisieren sich die Frauen im Streik?
Im Laufe des Arbeitskampfes organisierte sich eine “Plattform der Bergarbeiter-Frauen”, darin haben sich sowohl Frauen von Bergarbeitern als auch Bergarbeiterinnen selbst zusammengeschlossen. Wir organisieren uns, um die Demonstrationen zu unterstützten und damit man uns hört, weil die Medien uns boykottieren. Es ist unglaublich, in einer Demokratie verhalten sich die Medien als wäre es eine Diktatur.
Wie reagiert der Staat auf den anhaltenden Protest?
Die Nationalpolizei dringt in die Häuser ein und greift alle an, auch alte Menschen und Kinder. Sie notieren Nummernschilder von Autos. Wenn jemand seinen Wagen stehen lässt, um zu protestieren oder eine Barrikade zu bauen, werden die Reifen durchstochen. Die Regierung tut alles, um unseren Streik zu stoppen. Aber nicht einmal die Hälfte von dem, was passiert, kommt in den Nachrichten.
In allen Bergbau-Dörfern Spaniens gibt es Proteste. In Asturien ist der Bergbau besonders stark verwurzelt, hier gibt es die meisten Minen, und der Arbeitskampf ist gewaltig. Die Regierung hatte zunächst 300 Polizisten aus Madrid hierher geschickt, dann weitere 400. Nun sind schon mehr als 1000 Angehörige der Nationalpolizei in Asturien, neben der Zivilgarde. Sie versuchen unseren Widerstand zu brechen.
Denn wenn wir BergarbeiterInnen demonstrieren, bauen wir Barrikaden und kämpfen mit unseren Leben. Wir haben keine Angst zu sterben. Hoffentlich kopieren uns andere Menschen und nehmen uns als Beispiel. Nicht nur dieses ganze Land sondern die ganze Welt muss sich bewegen.
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