Nur selten sprechen TrotzkistInnen zu Millionen. Dies geschah nun, als die Front der Linken und ArbeiterInnen (FIT) bei den Wahlen zum Nationalkongress und zu den Provinzparlamenten in Argentinien am 27. Oktober 5,11 Prozent einfuhr und damit drei Sitze im Nationalkongress erringen konnte. Das Ergebnis von den Vorwahlen im Oktober konnte sie damit um 300.000 Stimmen verbessern [1].
Diese Front besteht aus der Partei sozialistischer ArbeiterInnen (der PTS, unserer Schwesterorganisation in der Trotzkistischen Fraktion – Vierte Internationale), der ArbeiterInnenpartei (PO) und der Sozialistischen Linken (IS). Die Sitze entfallen auf Néstor Pitrola (PO) für die bedeutende Provinz Buenos Aires, wo fast eine halbe Million Stimmen gewonnen wurden, auf Pablo López (PO), der in Salta fast 20 Prozent der Stimmen bekam, und auf Nicolás del Caño (PTS), der mit 14 Prozent zum ersten Mal in der Geschichte die Stimme der ArbeiterInnen und der Jugend Mendozas in den Nationalkongress tragen kann. In Córdoba konnte die Allianz der bürgerlichen Parteien nur durch Wahlbetrug den Einzug von Liliana Olivero (IS) verhindern. Dies kritisiert die FIT und fordert die Öffnung von 40 Prozent aller Urnen, was bisher verwehrt blieb. Auch in Jujuy wurde der Parlamentssitz nur knapp verfehlt. Darüber hinaus wurden auch mehrere Abgeordnete der FIT in die Provinzparlamente gewählt, unter anderem Christian Castillo (PTS) in der Provinz Buenos Aires).
Damit konnten die Aufsehen erregenden Erfolge der FIT in den letzten Jahren ausgeweitet werden. Das erste Mal trat die FIT vor zwei Jahren an und bekam auf Anhieb 2,5 Prozent und einen Platz im Provinzparlament von Neuquén, Heimatprovinz der Keramikfabrik Zanon, die seit 2001 unter ArbeiterInnenkontrolle steht. Dieser Sitz gehört einem Anführer dieses historischen Kampfes, Raúl Godoy, und steht im Dienste der Mobilisierungen der ArbeiterInnen, aktuell zum Beispiel bei den Protesten gegen die Vergabe von Bohrrechten an den multinationalen Ölkonzern Chevron.
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Dieses Ergebnis spielt sich im Rahmen einer politischen Situation ab, die von der Wahlniederlage der regierenden „Front für den Sieg“ (FPV) von Christina Fernández de Kirchner geprägt ist. Nachdem sie 2011 mit 54 Prozent wiedergewählt wurde, musste sie nun einen Verlust von 21 Prozentpunkten hinnehmen. Das liegt in erster Linie daran, dass Teile der ArbeiterInnenklasse eine ernüchternde Erfahrung mit dem Kirchnerismus gemacht haben, der immer weiter nach rechts ging und seinen „progressiven“ Diskurs aufgeben musste. Durch das undemokratische Wahlsystem konnte Kirchner jedoch knapp die parlamentarische Mehrheit beibehalten – im Gegensatz zu 2009, wo sie bei den Zwischenwahlen eine herbe Niederlage erlitt.
Der große Wahlsieger aus dem Lager der Opposition ist der Peronist Sergio Massa mit seiner neugegründeten „Front der Erneuerung“. Bis 2011 noch Kabinettschef unter Kirchner und bis Anfang dieses Jahres noch innerhalb der FPV, ist der Bürgermeister eines Vorortes von Buenos Aires nun die Galionsfigur der GegnerInnen Kirchners. Er vertritt ein Programm, das die Fundamente des Peronismus beibehält, aber eine stärkere Ausrichtung auf Repression und Kürzungen gegenüber den ArbeiterInnen vorsieht. Bekannt ist er unter anderem für die Verbindungen, die er während des Streiks bei Kraft-Terrabusi 2009 mit der US-amerikanischen Botschaft unterhielt. Kirchner sah sich in den letzten Monaten gezwungen, einige Elemente seines Programms zu übernehmen, konnte aber seinen Erfolg nicht vermindern. Da Kirchner nicht wiedergewählt werden kann, beginnt nun der Disput um ihre Nachfolge. Außer Massa, der jedoch nur in Buenos Aires präsent ist, konnten weder der Kirchnerismus noch die rechteren Teile der bürgerlichen Opposition eineN geeigneteN NachfolgerIn präsentieren – alle befinden sich in der Krise.
Dieser Ìbergang ist deshalb so entscheidend, weil sich Argentinien und Lateinamerika insgesamt am Ende eines Zyklus befinden, in dem „post-neoliberale“ Regierungen von einem gewissen wirtschaftlichen Aufschwung profitieren konnten, jedoch keine der strukturellen Probleme Lateinamerikas lösten. Der Verteilungsspielraum, den sie ausnutzen, verengt sich heute mit dem Ankommen der weltweiten Krise durch den Fall der Rohstoffpreise. Dies zeigt sich in der Krise des Chavismus in Venezuela, in der Ablehnung der „Arbeiterpartei“ (PT) in Brasilien durch breite Schichten der Jugendlichen und ArbeiterInnen und eben in einer Krise des Kirchnerismus. In diesem Kontext ist es noch bedeutender, wenn die intern stark gespaltene FPV keineN NachfolgerIn findet, der/die weitergehende Angriffe auf die ArbeiterInnen durchführen kann.
Neben internen Disputen und immer größeren Schwierigkeiten der „progressiven Intelligenz“, die reaktionäre Politik zu verteidigen, bricht dem Kirchnerismus eine andere historische Säule des Peronismus weg – die Gewerkschaftsbürokratie. Was sich schon in dem ersten Generalstreik gegen eine Kirchner-Regierung am 20. November 2012 ausgedrückt hat, vertieft sich noch weiter. So präsentierte sich der ehemalige Verbündete Kirchners und Vorsitzende des Gewerkschaftsdachverbandes CGT, Hugo Moyano, zu diesen Wahlen mit einer eigenen Partei, die den rechten Peronisten de Narváez unterstützte und auf ganzer Linie scheiterte. Dies ist eine allgemeine Tendenz des Einflussverlustes der Bürokratie, die nicht nur von ihrer Basis immer mehr Anerkennung verliert, sondern auch im Ìberbau immer schwächer auftritt.
Eine politische Alternative
In diesem Rahmen galt es für die ArbeiterInnen, eine politische Alternative aufzustellen, die unabhängig von allen bürgerlichen Varianten ist und gegen die kommenden Kürzungen kämpft. Das Ergebnis der FIT ist in diesem Sinne historisch. Es zeigt, dass kleine, jedoch bedeutende Teile der ArbeiterInnenklasse mit dem Peronismus, dem sie seit 60 Jahren folgen, nach links brechen und bewusst eine antikapitalistische Alternative wählen.
Es ist Ausdruck eines Voranschreitens der radikalen Linken, allen voran der PTS, die in den letzten Jahren wichtige Kämpfe anführte und große Erfolge auf gewerkschaftlicher Ebene hatte. Das zeigte sich in der Ausbreitung der antibürokratischen Basisgewerkschaftsbewegung mit Betriebsräten bei PepsiCo., Coca-Cola, Kraft-Terrabusi, Donnelley oder Lear. Die ArbeiterInnen wählten in der Vergangenheit stets PeronistInnen ins Parlament, auch wenn sie klassenkämpferische AktivistInnen in ihre Betriebsräte wählten. Heute haben kämpferische Teile der Klasse den PeronistInnen politisch den Rücken gekehrt und wählen nun ihre klassenkämpferischen KollegInnen auch bei den Parlamentswahlen. Die aufsteigende politische Kraft der FIT, welche landesweite Ausmaße erreicht hat, wie die hohen Ergebnisse in entlegenen Provinzen zeigen, ist ein Beleg für die anfängliche Ìberwindung der Trennung des politischen und des gewerkschaftlichen Bewusstseins der ArbeiterInnen.
Zudem lässt sich das Ergebnis mit einem Phänomen innerhalb der Jugend erklären: Für die meisten Jugendlichen ist die Zukunft verdunkelt und prekäre Arbeitsverhältnisse sind Normalität. Nur die FIT konnte eine glaubhafte Perspektive für die dringenden Fragen der Jugend anbieten. Die große Anerkennung zeigte sich auch schon in den Wahlen der studentischen VertreterInnen an der Universität von Buenos Aires, wo die FIT vier von elf Instituten eroberte.
Die trotzkistische Linke Argentiniens konnte diesen Sieg erringen, weil sie sich in den letzten Jahrzehnten geweigert hat, gemeinsam mit ReformistInnen breite linke Parteien aufzubauen. Die Kräfte, die das probiert haben, etwa die MST im Mitte-Links-Wahlbündnis Proyecto Sur, sind praktisch von der Bildfläche verschwunden. Diese Suche nach „breiten“, nicht revolutionären Formationen konnte hier also nicht einmal kurzzeitig Erfolge im Vergleich zur strategischen Ausrichtung auf die politische Unabhängigkeit der ArbeiterInnenklasse erzielen. Dies ist besonders zu betonen, da sich diese Entwicklungen in Zeiten niedrigen Klassenkampfes und relativer ökonomischer Stabilität abspielen.
Eine zentrale Aussage der Kampagne war, dass die Parlamentssitze für die Stärkung der außerparlamentarischen Kämpfe genutzt werden müssen. In diesem Sinne werden sie ein großer Rückhalt in den kommenden Kämpfen gegen die Spionage der Regierung mit dem „Projekt X“ sein, was auch jetzt schon von der Anwältin Miriam Bregman von der PTS denunziert wird; gegen die Abhängigkeit vom Imperialismus, wie es Raúl Godoy im Kampf gegen Chevron beweist; für die Rechte der arbeitenden Frau und für das Recht auf legale, sichere und kostenlose Abtreibung, da die FIT die einzige Kraft im Parlament mit dieser Forderung ist; sowie gegen die Prekarisierung und die Gewerkschaftsbürokratie. Gerade in den letzten Monaten wurde ein harter Kampf in der Kraft-Fabrik für die Festanstellung von 53 KollegInnen geführt, aber auch die Arbeiterinnen des deutschen Autozulieferers Kromberg führten einen harten, antibürokratischen Kampf gegen Entlassungen.
Jede Initiative im Parlament soll die Mobilisierung und unabhängige Organisierung der Massen vorantreiben und natürlich soll diese Tribüne als Ort zur Bloßstellung der Machenschaften der PolitikerInnen, die hinter dem Rücken der ArbeiterInnen mit den KapitalistInnen verhandeln, genutzt werden. Eine revolutionäre Nutzung parlamentarischer Methoden hat die außerparlamentarischen Kämpfe im Zentrum.
In der Geschichte der radikalen Linken Argentiniens wurden schon zu anderen Zeiten, beispielsweise Ende der 80er Jahre oder um die Jahrtausendwende, Parlamentssitze errungen. Diese Errungenschaften wurden jedoch zum Ziel an sich, anstatt sie in den Dienst des Aufbaus einer revolutionären Partei, die in der ArbeiterInnenklasse verankert ist, zu stellen. Die PTS ordnet die Gewinnung von Parlamentsabgeordneten, wie auch die Taktik der FIT an sich, ihrem strategischen Ziel unter – jeder Schritt muss dem Aufbau einer revolutionären ArbeiterInnenpartei in Argentinien und international dienen. Das bedeutet, dass die PTS die politische Unabhängigkeit gegenüber den anderen Parteien innerhalb der FIT auch im Parlament nicht aufgeben wird. Sie wird von Fall zu Fall entscheiden, ob eigene oder gemeinsame Anträge mit PO oder IS formuliert werden. Es besteht auch die Möglichkeit, dass die vor einiger Zeit durch die PO abgebrochene Debatte über konkrete Schritte zum Aufbau einer gemeinsamen revolutionären Partei der ArbeiterInnen wieder aufgenommen werden. Doch gerade gegenüber der IS bestehen viele programmatisch-politische Differenzen.
Um in den Worten Christian Castillos zu sprechen: „Wir wissen, dass sich nichts ohne die Mobilisierung erreichen lässt, und das sagen wir ganz offen. Wir säen keine Illusionen darin, dass Veränderungen im Sinne der ArbeiterInnen auf parlamentarischem Wege erreicht werden können, jedoch wissen wir auch, dass linke Abgeordnete ein wichtiger Hebel sind zur Stärkung der Kämpfe der ArbeiterInnen und der Jugend gegen die Kürzungen, die vorbereitet werden. Dies steht in der Perspektive des Aufbaus einer revolutionären Partei der ArbeiterInnenklasse. Eine Partei mit zehntausenden von AktivistInnen in den Fabriken und Betrieben, den Universitäten und Schulen, die ein Gewicht in den entscheidenden Ereignissen des Klassenkampfes einnehmen und wie eine gespannte Faust zuschlagen kann, mit dem Ziel, der Herrschaft der KapitalistInnen in unserem Land und weltweit ein Ende zu setzen" [3].
Die PTS setzt sich jetzt das Ziel, mit dem riesigen Wahlerfolg im Rücken, von der Gewinnung einiger Betriebsräte hin zur Rückeroberung ganzer Gewerkschaften und weiterer Institute an den Universitäten überzugehen. Nur mit dem Gewinn von tausenden neuen sozialistischen AktivistInnen kann die Herausforderung, die diese neue Stufe ermöglicht, genutzt werden. Nur verbunden mit einer solchen Ausdehnung kann der reformistische und zentristische Druck, der von allen Seiten auf die PTS ausgeübt wird, überwunden werden.
Ein revolutionärer Wahlkampf
Der Wahlkampf war ein beeindruckendes Zeugnis von der Qualität der AktivistInnen aller drei Kräfte innerhalb der FIT. Während alle anderen Parteien mit Millionen von Pesos große Kampagnen aufziehen konnten, wurde die Kampagne der FIT von den BasisaktivistInnen in den Fabriken und an den Universitäten getragen. Von morgens bis abends wurden Plakate geklebt und Flyer verteilt. Auch das politische Wahlprogramm gelangte in die Hände von Zehntausenden. Es gab Versammlungen mit hunderten ArbeiterInnen in Fabriken, wie bei Lear oder Donnelley, wo über die FIT diskutiert wurde. Zahlreiche Betriebsräte riefen zur Wahl der FIT auf. So bekam sie in manchen Betrieben zwischen 20 und 40 Prozent der Stimmen. Das kommt daher, dass die Kräfte innerhalb der Front in den Kämpfen der Ausgebeuteten und Unterdrückten an vorderster Front sind und die KandidatInnen aus diesen Kämpfen bekannt sind.
Durch die Wahlwerbung im Fernsehen und im Radio konnte das Programm der FIT an Millionen von Menschen gerichtet werden. Dabei wurde in den 37 Sekunden Wert auf Angriffe auf die Parteien der KapitalistInnen gelegt und der Kampf gegen die Gewerkschaftsbürokratie betont. Die Werbespots forderten ein Ende der Prekarisierung und einen durchschnittlichen ArbeiterInnenlohn für alle GewerkschaftsfunktionärInnen. Es wurden die dringenden Fragen der ArbeiterInnen und der Jugend – wie ein Mindestlohn, der einen normalen Lebensstandard sichert – durch Ìbergangsforderungen mit einer Perspektive verbunden, die über die kapitalistische Ordnung hinausweist. In diesem Sinne greift die Forderung, dass FunktionärInnen das gleiche verdienen wie einE durchschnittlicheR ArbeiterIn, die privilegierte Kaste von PolitikerInnen an, die im Kapitalismus nötig ist, um die Interessen der Konzerne durchzubringen. Mit der Forderung nach der Nicht-Zahlung der Staatsschulden wurde das klar anti-imperialistische Programm unterstrichen.
Besonders wichtig war die Unterstützung am Wahltag selbst, wo die Stimmzettel, welche in Argentinien für jede Front separat in der Wahlkabine ausliegen und dann in die Urne gesteckt werden, ausgeteilt werden mussten. Für die riesige logistische Arbeit, diese Zettel in die Wahllokale zu bringen, waren unzählige Familienangehörige, FreundInnen und ArbeitskollegInnen nötig. In Mendoza alleine wurden durch Manöver der Kirchner-Partei 200.000 Stimmzettel eingezogen. Vielerorts wurden Stimmzettel einfach zerrissen, weggeschmissen oder gar solche von den Vorwahlen ausgelegt. Nur durch die massive Unterstützung von AktivistInnen konnten die Stimmen für die FIT verteidigt werden. In Córdoba wurden WahlbeobachterInnen der FIT 1.000 Pesos (etwa 125 Euro) angeboten, um ihre Stellung zu verlassen. In der gleichen Provinz werden 100 Urnen wieder geöffnet, um den Wahlbetrug, der gegen die FIT unternommen wurde, aufzudecken.
Das Programm der FIT
Das politische Wahlmanifest ist das Programm, auf das sich die drei Kräfte der FIT geeinigt haben. So konnte beispielsweise die Forderung nach der Zerschlagung der Polizei und dem Aufbau von ArbeiterInnenmilizen nicht gegen IS und die PO durchgesetzt werden, da IS auch Streiks der PolizistInnen unterstützt. Auch die Zentralität von Organen der Selbstverwaltung wurde nicht in das Programm aufgenommen. Ìber diesen Punkt bestehen zwischen der PO und der PTS große Differenzen, zu denen schon zahlreiche Polemiken geführt wurden. Nichtsdestotrotz sind die zentralen Achsen des Programms genauso wie die der Massenagitation in den Wahlwerbespots richtig, da sie die alltäglichen Probleme der ArbeiterInnen mit einer darüber hinausgehenden Perspektive verbinden.
Es bezieht eine klar anti-imperialistische Haltung und kritisiert den bürgerlichen Nationalismus der kirchneristischen Regierung, die sich selbst als „progressiv“ bezeichnet. Außerdem bezieht es eine Position zu der öffentlichen Debatte um die „Sicherheit“ und fordert die Auflösung aller Geheimdienste und die Organisierung der Bevölkerung in Betrieben, Schulen und Universitäten. Daneben finden sich Forderungen zu der Verstaatlichung der Öl- und Gasindustrien, sowie des öffentlichen Nahverkehrs unter ArbeiterInnenkontrolle.
In einem Katalog von 13 dringenden Forderungen wird die Wut der ArbeiterInnenmassen gegen die von ihnen am stärksten gefühlten Probleme wie die Lohnsteuer und der prekären Beschäftigung in Form von Leih- oder Schwarzarbeit aufgegriffen und mit weitergehenden Ìbergangsforderungen beantwortet. All diese Forderungen sind verbunden mit der Perspektive einer ArbeiterInnenregierung, die auf der Selbstorganisierung und Mobilisierung der ArbeiterInnen und der Bevölkerung basiert.
Weltweite Bedeutung
Auch auf internationaler Ebene muss von diesem riesigen Erfolg der revolutionären Linken in Argentinien gelernt werden. Selbst in Zeiten relativer wirtschaftlicher Stabilität war es für die Kräfte der FIT möglich, mit einem Programm der politischen Unabhängigkeit der ArbeiterInnenklasse und der Perspektive einer ArbeiterInnenregierung einen Massenanhang zu gewinnen. Dabei ist es nicht unser Ziel, die FIT als das neue Modell der Einheit der Linken darzustellen. Genauso müssen wir uns gegen jene stellen, die – den Erfolg der FIT anerkennend – nun die „Öffnung“ der Front fordern, sprich die Aufgabe eines Programms der Klassenunabhängigkeit zugunsten eines Bündnisses mit ReformistInnen. Dies ist irrig und verkennt die eigentliche Botschaft dieses Erfolges.
Im sechsten Jahr der weltweiten Krise des Kapitalismus stellt sich für die gesamte revolutionäre Linke dringend die Frage, wie sie aus dem Dasein als kleine, isolierte Gruppen ohne realen Einfluss in die zentralen Auseinandersetzungen unserer Klasse heraus kommen und für die Avantgarde der ArbeiterInnenklasse und die Masse der Unterdrückten eine Alternative zu den bürgerlichen Varianten und den reformistischen Apparaten aufbauen kann. Vielerorts wollen Sektoren des Zentrismus dies mit einer prinzipienlosen Auflösung in breite, „antikapitalistische“ Parteien oder gar in den linken Reformismus beantworten. Doch Projekte wie die französische NPA stagnieren und brechen auseinander, die Führung der griechischen Syriza setzt ihren Kurs der Unterordnung unter die imperialistische EU fort, zumal sie beide kaum eine Verankerung in der ArbeiterInnenklasse und den Kämpfen besitzen.
Für uns sind weder der kopflose Opportunismus noch die die sektiererische Selbstisolation eine akzeptable Perspektive. Dass man mit einem klaren Programm der Klassenunabhängigkeit und der Fokussierung auf die ArbeiterInnenklasse als revolutionäres Subjekt tatsächlich eine reale Politik für die Massen entwickeln kann und Gehör bekommt, beweist dieser phänomenale Erfolg der FIT eindrücklich. Im Gegensatz zu den liquidationistischen Projekten ist das Programm der FIT trotz gewisser Kompromisse keine Auslöschung der zentralen strategischen Methoden des revolutionären Marxismus unserer Zeit, des Trotzkismus, und hat nichtsdestotrotz viel mehr Anklang gefunden als eine angeblich breite NPA.
Diese Politik unserer GenossInnen von der PTS ist ein Ausdruck einer allgemeinen Politik der Trotzkistischen Fraktion, die auf ihrer VIII. Konferenz im August ein Manifest beschloss, mit dem wir zum Aufbau einer Bewegung für eine Internationale der Sozialistischen Revolution aufrufen, als wichtigem Schritt der Umgruppierung der internationalen revolutionären Linken und der fortgeschrittensten Sektoren des Proletariats für den Wiederaufbau der Vierten Internationale [4]. In Anbetracht der historischen Erfahrungen, die die neuen Generationen des internationalen Proletariats erleben, vom größten Generalstreik der Menschheitsgeschichte in Indien, bis zu den revolutionären Prozessen im arabischen Raum, ist eine revolutionäre Führung der ArbeiterInnenklasse von strategischer Bedeutung. Durch diesen Wahlerfolg verbessern sich auch in Argentinien die Möglichkeiten, um über eine solche Perspektive beispielsweise mit den GenossInnen der PO zu diskutieren. Das ist für uns deshalb so bedeutend, da eine revolutionäre Weltpartei für uns nicht aus dem evolutiven, schrittweisen Wachstum unserer Gruppen entsteht – vielmehr suchen wir eine Diskussionen mit den fortgeschrittensten Sektoren der ArbeiterInnen und Jugend über die zentralen strategischen Lehren des aktuellen Klassenkampfes, wie es auch die Methode Trotzkis mit dem „Block der Vier“ zum Aufbau der Vierten Internationale war.
Für uns ist der Internationalismus kein abstraktes Prinzip. Deshalb muss der Erfolg der PTS in Argentinien von uns ständig begleitet und verbreitet werden, damit die Parlamentssitze nicht nur Sitze der argentinischen ArbeiterInnen und Jugendlichen sind, sondern auch der Ausgebeuteten und Unterdrückten in Europa, die gegen die Auswirkungen der Krise kämpfen.
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