Der aufstrebende Hegemon
// SICHERHEITSKONFERENZ: Besonders seit der Eurokrise setzt der deutsche Imperialismus seinen Kurs nach mehr „Verantwortung“ fort. //
Jedes Jahr im Februar treffen sich die wichtigsten imperialistischen Mächte weltweit in München zu einer „Sicher-heitskonferenz“ (SiKo), um ihre militärische Stärke zur Schau zu stellen und gegenüber aufstrebender Regionalmächte wie Russland oder China die Muskeln spielen zu lassen – im Namen der „weltweiten Sicherheit“ und der „Verteidigung der Demokratie“. Letztes Jahr stand dieses Schaulaufen der Großmächte unter dem Stern des verbal aggressiver auftretenden deutschen Imperialismus. Insbesondere Bundespräsident Gauck schürte die Kriegsrhetorik dahingehend, dass Deutschland mehr „Verantwortung“ in der Welt übernehmen müsse, um dem gestiegenen Gewicht Deutschlands in der Weltpolitik gerecht zu werden. Dies ist Ausdruck davon, dass der deutsche Imperialismus gestärkt aus der nun sieben Jahre anhaltenden Wirtschaftskrise hervorgeht.
Vor der diesjährigen Sicherheitskonferenz sehen wir erste praktische Schritte zu einem stärkeren Eingreifen Deutschlands auf der geopolitischen Bühne.
Neue Interventionen
Denn der deutsche Imperialismus tritt nicht nur rhetorisch selbstbewusster auf, sondern mischt sich im Ukraine-Konflikt und bei den Interventionen rund um den „Islamischen Staat“ ein. Auch scheut er nicht mehr davor zurück, Waffen in Krisen- und Kriegsgebiete zu liefern.
Dabei konnte das deutsche Kapital besonders im Zuge der Restauration des Kapitalismus in den degenerierten Arbeiter-Innenstaaten seine Einflussbereiche in Süd- und Osteuropa ausweiten. Dadurch sind erst die Troika-Diktate in Südeuropa und die Unterstützung der Maidan-Bewegung in der Ukraine möglich geworden.
Dennoch: Der größte Widerspruch des deutschen Imperialismus für seine Rolle als europäischer Hegemon besteht in der Diskrepanz zwischen seiner wirtschaftlichen Stärke und seiner militärischen Schwäche. Daher ist er auf eine militärische Kooperation mit Frankreich angewiesen. Zahlreiche Missionen mussten gestoppt werden oder wurden erst gar nicht begonnen. So kann beispielsweise die unter Nato-Mandat durchgeführte Operation Patriot an der syrisch-türkischen Grenze wegen nicht genügend geschulter SoldatInnen nicht fortgesetzt werden. Gleichwohl interveniert der deutsche Imperialismus immer stärker im Nahen Osten, exemplarisch mit der Waffenbelieferung an die nordirakisch-kurdische Autonomiebehörde. (Innenpolitisch dagegen bleibt das Verbot der linken kurdischen Partei PKK weiterhin bestehen.)
Der Einfluss im Osten
Die gestiegenen Ambitionen, die durch die relativ stärkere wirtschaftliche Position Deutschlands vor allem in Europa hervorgerufen wurden, werden besonders im Ukraine-Konflikt deutlich. Deutschland spielt dort eine gewichtige Rolle, im Kontext des im Abstieg begriffenen Hegemons USA. In diesem härtesten geopolitischen Konflikt seit dem Ende des kalten Krieges versucht Deutschland, seinen Einflussbereich auszuweiten, indem es gezielt einen Oligarchen unterstützt, um diesen in die EU zu drängen. Die Existenz der Regierung Jazenjuk hängt an der Gewährung finanzieller Hilfen durch IWF und EU.
Gleichzeitig soll die bereits angeschlagene russische Wirtschaft durch Wirtschaftssanktionen weiter geschwächt werden. Allerdings ist auch Deutschland auf fossile Brennstoffe aus Russland angewiesen – Russland im Gegenzug auf den Absatz dieser. Russland kann aufgrund seiner beschränkten wirtschaftlichen Stärke dem deutschen Kapital nichts entgegenhalten. Lediglich militärische Stärke inklusive Annexion der Krim verhinderte den reibungslosen Ìbergang der Ukraine in den deutschen Einflussbereich.
Antiimperialismus
Als revolutionäre InternationalistInnen in Deutschland müssen wir den fortlaufenden Expansionskurs unseres „Hauptfeindes“ (in den Worten Karl Liebknechts) scharf angreifen. Während die Imperialist-Innen so tun, als würden sie den Freiheitskampf des kurdischen Volkes unterstützen, müssen wir ihre Heuchelei aufdecken und eine Kampagne gegen das Verbot der PKK führen. Während sie auf Kosten der Unterdrückten Europas versuchen, ihre Krise zu beenden, müssen wir sämtliche Angriffe auf die sozialen und demokratischen Rechte der Massen in Griechenland und ganz Europa bekämpfen.
Jedes Jahr gibt es gegen die SiKo linke Großmobilisierungen. Doch fehlt diesen wichtigen antiimperialistischen Demonstrationen im „Herzen der Bestie“ eine weitergehende Strategie, die in der Lage wäre, tatsächlich eine soziale Basis für die Bekämpfung des deutschen Imperialismus zu schaffen. Weil aber der Kampf gegen den Expansionskurs der deutschen Regierung zugleich notwendig ein Kampf gegen die Interessen des Kapitals ist, müssen RevolutionärInnen die ArbeiterInnenbewegung für eine solche antiimperialistische Perspektive gewinnen. Die ArbeiterInnen müssen sich in diesen Kämpfen selbst organisieren, nur so können sie ihre Klassenunabhängigkeit garantieren und eine starke antiimperialistische Front aufbauen. Nur so können wir den aufstrebenden Hegemon in die Schranken weisen und eine Politik der ArbeiterInnen und der Jugend durchsetzen.
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