Am Mittwoch, den 1. April, wurde der Schuldspruch der Berufungsinstanz im Gerichtsprozess gegen Gaëtan bekannt. Gaëtan ist Mitglied der Studierendengewerkschaft Solidaires Étudiant-e-s, und junges Mitglied der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) in Toulouse, Frankreich. Er war im vergangenen Dezember zu zwei Monaten Haft auf Bewährung sowie einer Geldstrafe von 1.100 Euro verurteilt worden. Der Grund: weil er an einer Demonstration gegen den Mord an Rémi Fraisse vom 26. Oktober durch staatliche Repressivkräfte teilgenommen hatte. Das Gerichtsurteil der Berufungsinstanz verschlimmerte Gaëtans Situation sogar:: zwei Monate effektive Haftstrafe plus vier Monate Haft auf Bewährung und eine Strafe von 1.100 Euro. Andere DemonstrantInnen erhielten die Bestätigung ihrer schon im Dezember ausgesprochenen Haftstrafen.
Diese Situation findet statt im Kontext einer Welle der Repression und Kriminalisierung der sozialen Bewegungen, mit der Räumung der Besetzung von Sivens (wo seit Monaten gegen den Bau eines Staudamms protestiert wird), der Militarisierung der Stadt bei jeder Demonstration, dem Rauswurf des Gewerkschaftsbunds CGT aus seinem Lokal in Toulouse und dem Verbot einer Versammlung zur Unterstützung der PalästinenserInnen. Die Regierung von Hollande und Valls, genauso wie die UMP von Sarkozy, wollen diese Situation mit dem Ausnahmezustand im Rahmen des „Geistes des 11. Januar“ rechtfertigen – also in Bezugnahme auf die Attentate gegen Charlie Hebdo und den jüdischen Supermarkt in Paris. Dieselben, die gestern noch im Namen der freien Meinungsäußerung sprachen, wollen heute Jugendliche nur dafür ins Gefängnis schicken, dass sie an einer Demonstration teilgenommen haben. Der Staat will die Botschaft senden, dass alle, die ihre Ausnahme-Maßnahmen herausfordern, teuer dafür bezahlen werden.
Gleichzeitig bleiben die PolizistInnen, die für den Mord an Rémi Fraisse verantwortlich sind, völlig straffrei. Genauso wie die Verantwortlichen für den Tod von Zyed und Bouna, die zum Ausbruch der Banlieue-Aufstände im Jahr 2005 geführt hatten – fast zehn Jahre nach den Ereignissen wurden sie freigesprochen. Aber selbst wenn eine Verurteilung ausgesprochen wurde, gab es nie tatsächliche Haftstrafen: zum Beispiel gegen die PolizistInnen, die Malik Oussékine 1986 am Rande einer Demonstration töteten oder sogar der Fall vor einigen Tagen im Prozess gegen den Polizisten, der 2010 einem Schüler der Sekundarstufe aus Montreuil mit einem Gummigeschoss ein Auge ausschoss),
Wir sagen mit unserer Unterschrift NEIN zu dieser Ungerechtigkeit und zu dieser Justiz. In den nächsten Tagen werden die AnwältInnen entscheiden, ob sie vor das Oberste Berufungsgericht gehen, und falls die Verurteilung aufrecht erhalten wird, wird der Strafvollzieher darüber entscheiden, wie die Strafte genau durchgeführt wird, was Gaëtan die Haft ersparen könnte.
Wir drücken unsere Solidarität mit Gaëtan und den weiteren Verurteilten aus, genauso wie unsere Abscheu gegen die Inhaftierung dieser Jugendlichen für die Teilnahme an einer Demonstration.
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