20.000 demonstrieren gegen EZB
03/06/2012
Von Wladek Flakin
20.000 Menschen kamen am vergangenen Samstag nach Frankfurt am Main, der Finanzhauptstadt Deutschlands, um gegen die Europäische Zentralbank und die Sparpolitik, die diese ganz Europa aufzwingt, zu demonstrieren. In den Tagen zuvor hatten 2.000 DemonstrantInnen Banken und Plätze der Stadt blockiert, trotz eines Verbots jeglicher Protestaktionen seitens der Polizei.
Die „Blockupy Frankfurt“ genannten Proteste wurden mit einer – seit den G8-Protesten in Heiligendamm 2007 nie dagewesenen – Welle der Repression überzogen. Schon in den Wochen vorher verbot die Polizei hunderten Personen, die bei den Protesten in Frankfurt am 31. März verhaften worden waren, für die Tage der „Blockupy“-Proteste die Einreise in die Stadt. Auf dem Weg nach Frankfurt wurden Busse voller AktivistInnen angehalten und in die Gefangenensammelstelle transportiert. Bei den Blockaden selbst wurden hunderte von Menschen verhaften und sogar geschlagen. Etwa 5.000 PolizistInnen waren im Einsatz, was einige Tageszeitungen dazu führte, davon zu sprechen, dass es die Polizei selbst, noch eher als die „Blockupy“-AktivistInnen, war, die die gesamte Stadt lahmlegte.
An der Demo nahmen Protestierende aus ganz Deutschland sowie Frankreich, Italien und anderen europäischen ländern teil. Die internationale Solidarität drückte sich durch griechische Fahnen oder in den Reden in anderen Sprachen aus. Gleichzeitig war die Teilnahme der ArbeiterInnenbewegung sehr gering (mit der Ausnahme französischer Gewerkschaften wie der SUD oder der CGT), was ein Produkt der Politik der Gewerkschaftsbürokratie ist, sich auf „verantwortliche“ Forderungen zu beschränken, die das deutsche Kapital nicht schädigen. Am selben Tag der Demo einigte sich die Gewerkschaftsbürokratie der IG Metall auf einen Tarifabschluss im wichtigsten Industriesektor für den deutschen Imperialismus. Angesichts der historischen Profite, die die deutsche Automobilindustrie einfährt, erreichte die Gewerkschaftsbürokratie weniger als 4% jährliche Lohnerhöhung und akzeptierte gleichzeitig versöhnlerische Konditionen im Bereich prekärer Arbeitsbedingungen. Diese Art von Verhandlungen erschaffen vielen Unmut in der Gewerkschaftsbasis, aber bisher noch keine offene Ablehnung. Die Erhöhung der Repression hat auch einen präventiven Charakter, indem sie den Staatsapparat auf die zukünftige Konfrontation mit größeren Bewegungen vorbereitet.
Diese Proteste finden im Rahmen steigender Einsprüche gegen die Politik des deutschen Imperialismus in der Europäischen Union statt, die im kombinierten Druck der Präsidenten Hollande und Obama auf Merkel gipfelten, die harte Sparpolitik aufzugeben. Daher können die Widersprüche „im Herzen der Bestie“ eine große internationale Wirkung haben. Zum Beispiel verlor die konservative CDU von Angela Merkel eine Woche vor den „Blockupy“-Protesten die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen, dem größten Bundesland, mit dem schlechtesten Ergebnis ihrer Geschichte. Das führte zur Entlassung des Bundesumweltministers Norbert Röttgen, der der Spitzenkandidat der NRW-CDU bei dieser Wahl war.
Nur durch den Kampf gegen den eigenen Imperialismus kann die ArbeiterInnenklasse in Deutschland ihre alten Errungenschaften verteidigen und neue erreichen. Aber die sozialdemokratische SPD, die eng mit der Gewerkschaftsbürokratie verbunden ist, ist keine Alternative zu Merkel und ihrer Sparpolitik. Auch die reformistische Partei „Die Linke“ hat sich darauf beschränkt – trotz einiger progressiver Erklärungen –, sozialdemokratische Regierungen auf Landesebene zu unterstützen. Daher haben wir revolutionäre MarxistInnen der Revolutionären Internationalistischen Organisation (RIO), sympathisierende Sektion der Trotzkistischen Fraktion für den Wiederaufbau der Vierten Internationale (FT-CI) in Deutschland, an den Demonstrationen in Frankfurt mit einem antiimperialistischen Profil teilgenommen, nach dem Motto des deutschen Kommunisten Karl Liebknecht: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“