Der deutsche Imperialismus setzt auf Zypern erniedrigende Bedingungen durch
07/04/2013
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) drakonische und erniedrigende wirtschaftliche Einschränkungen der nationalen Souveränität Zyperns durchgesetzt. Diese sollen einen Bankrott verhindern, der die Insel sofort aus der Eurozone verbannt hätte.
Der jetzt durchgesetzte Plan ist ähnlich hart wie der ursprüngliche, der letzte Woche vom Parlament abgelehnt wurde, mit nur wenigen technischen Änderungen. Im Austausch dafür, die kleinen SparerInnen nicht zu belasten, legt der Plan noch zu definierende Abzüge für die großen AnlegerInnen (inklusive viele reiche RussInnen) und andere InvestorInnen fest, und sorgt für Beschränkungen des Kapitalverkehrs. Die Verluste werden substanziell sein (obwohl es offensichtlich in den vergangenen Wochen vor der Sperrung der Banken eine große Kapitalflucht gab, nachdem die Pläne der Regierung an die russischen und einheimischen OligarchInnen durchgesickert waren). Gleichzeitig, und zum ersten Mal seit dem Beginn der Krise der Einheitswährung Ende 2009, haben die länder der Eurogruppe entschieden, einer Kreditinstitution nicht zu helfen und die zweitgrößte Bank Zyperns, die Laiki Bank, zu liquidieren. Der gesamte Bankensektor wird neu strukturiert. Damit wird dem Geschäftsmodell der Insel ein Ende bereitet. Dieser Plan benötigt keine parlamentarische Absegnung.
Obwohl der Artikel „Eine neue Phase der Eurokrise“ vor diesem Beschluss verfasst wurde, als noch Unsicherheit über das Schicksal Zyperns und der Eurozone herrschte, behält er aus den folgenden politisch-ökonomischen Gründen seine Aktualität:
1. Das gesamte Rettungsprogramm und die damit verbundenen Kürzungen werden brutal sein. José Manuel Durao Barroso, Präsident der Europäischen Kommission, hat vor einem „ökonomischen Schock“ in der Region gewarnt. Viele Menschen werden ihre Arbeit verlieren und ihre Anstrengungen für ein besseres Leben werden wertlos sein. Ihre Renten und lebenslangen Ersparnisse könnten das gleiche Schicksal erleiden wie die Anlagen, d.h. letztendlich eingezogen werden. Dies ist der Beginn eines langen Leidensweges.
2. Russland hat das Rettungspaket für Zypern scharf kritisiert: Premierminister Dmitrij Medwedjew beschuldigte die EU direkt des Diebstahls. Das russische Staatsfernsehen hat die Beschlagnahmung der reichen InvestorInnen – viele von ihnen aus Russland – sogar mit der Enteignung der Juden durch Nazi-Deutschland verglichen. Obwohl die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen der EU und Russland zu stark sind, um aufgrund der Vorkommnisse auf der Insel komplett abzureißen, haben sich die Beziehungen zwischen beiden verschlechtert.
3. Wie wir vorhergesehen haben, ist Zypern ein Wendepunkt im härteren Durchgreifen gegenüber den SparerInnen und den Schuldnerländern. Am selben Montag, den 25. März, versicherte der Präsident der Eurogruppe, Jeroen Djisselbloem, dass die Beschlagnahmungen in Zypern einen Präzedenzfall konstituieren und diese auch in anderen ländern Anwendung finden könnten, was die europäischen Börsen auf Talfahrt schickte. Denn nach Zypern ist das Vertrauen in das Bankensystem qualitativ gefallen, sogar bei den kleinen SparerInnen.
4. Auch wenn letztlich eine Einigung zustande kam, zeigen die harten Verhandlungen klar die wachsende Kluft zwischen den Kreditgeberländern Nordeuropas und den Schuldnerländern des Südens, zwischen welchen sich die politischen Differenzen bald derart verschärfen könnten, dass sie noch gefährlicher als die Währungskrise werden, indem sie die politischen Grundlagen der Eurozone offen bedrohen.
5. Zuletzt ist die Situation in Zypern selbst sehr unsicher, aufgrund der Schwäche der Regierung und ihrer fehlenden Parlamentsmehrheit für die Durchsetzung des ganzen Kürzungsprogramms. Alles wird davon abhängen, wie das Rettungspaket durchgesetzt wird, und welches „Niveau des sozialen Konsenses“ und welche Antwort der Bevölkerung es geben wird, die immer noch geschockt ist von den Maßnahmen und der erlittenen Erniedrigung des Landes durch die großen Mächte Europas, für die die zypriotische Regierung bürgt. In anderen Worten: Ist die Bedrohung des Austritts Zyperns aus der Eurozone abgewendet oder nur verschoben?