NATO-Sicherheitskonferenz
„Sie vermissen Mubarak“
07/02/2011
von Mark Turm Sonntag, 06. Februar 2011
Eigentlich sollte auf der diesjährigen NATO-Sicherheitskonferenz über die Finanzkrise und die Zukunft der NATO gesprochen werden. Wie jedes Jahr verabredeten sich die führenden Vertreter der imperialistischen Mächte, Außenminister, Verteidigungsminister, kommandierende Generäle, Kriegsstrategen, Rüstungsindustriellen und die halbkolonialen Lakaien um in München, in einer ungezwungenen Atmosphäre mit Flurgesprächen über sicherheitsrelevante Aspekte der internationalen Politik zu plaudern.
Der revolutionäre Prozess in Ägypten änderte jedoch unerwartet die festgelegte Agenda.
Als ob die Imperialisten ohnehin nicht genügend Probleme hätten mit dem Widerstand in Afghanistan, der Wirtschaftskrise und ihren Auswirkungen kam nun die ägyptische Krise hinzu. So haben die arabischen Massen den Imperialisten das Fest gründlich vermasselt, denn obwohl im gedruckten Programm kein Wort zur Lage in den arabischen Staaten stand, wurden die Massenproteste in Nordafrika wichtigstes Thema der Konferenz.
Sie sahen sich gezwungen, aller Planung zum Trotz, sich mit Ägypten zu befassen, da die Proteste in Ägypten die Sicherheitsarchitektur, die imperialistische Ordnung, der ganzen Region zu verschieben drohen. So sprach NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen davon, dass "Heute [steht] nicht nur die Weltwirtschaft, sondern die Weltordnung auf dem Spiel" stehe. Denn sie haben erkannt, dass die Unruhen in der arabischen Welt langfristige Konsequenzen für die Weltordnung haben werden.
Sollte also der ägyptische Autokrat Hosni Mubarak gestürzt werden, könnte sich die gesamte politische Ordnung in der Region verändern. Schließlich ist Mubarak stets treuer Diener des Imperialismus und guter Freund Israels gewesen, und somit ein wichtiger Verbündeter der Imperialisten, allen voran der USA. Dabei kam Ägypten eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung der imperialistischen Ordnung in der Region zu. In der Konferenz machten die Anwesenden klar, dass sie solange keine Alternative zu Mubarak sehen, wie ein gefährliches Machtvakuum besteht. Demnach sagte Merkel „Die ganz schnelle Wahl als Beginn eines Demokratisierungsprozesses halte ich für falsch“, denn zuerst müssten die Strukturen, bestehend aus den Schergen des alten Regimes, aufgebaut werden. Darin sind sich alle Imperialisten und arabischen Despoten einig. Der rassistisch zionistische Statt Israel trauert seinerseits dem Diktator Mubarak ganz offen nach, (wie auch so mancher arabischer Herrscher in den arabischen ländern wie der saudische König Abdullah oder der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas im Westjordanland) denn es handele sich bei Demokratie nicht „um Wahlen“, sondern um eine „Zivilisationsform“ (Israels Präsident Schimon Peres). Dabei meinte er wohl die höhere Zivilisationsform bestehend aus Konzentrationslagern, Rassentrennung, theokratischem Staat, Mord, Krieg, usw. usf., die sein Land repräsentiert.
Etwas diplomatischer aber im Kern auf derselben Linie äußerten sich die Vertreter der USA und der europäischen Mächte, die es bisher vermieden haben eine explizite Rücktrittsforderung an Mubarak auszuformulieren, und auf einen geordneten Ìbergang zur „Demokratie“ mit Mubarak setzen.
Während sich sowohl in den Konferenzräumen als auch in den zahllosen Hinterzimmer-Treffen die Besorgten ausbreiteten, zogen draußen ca. 5000 Demonstranten durch die Münchner Innenstadt, um gegen die Kriegstreiberei zu protestieren. Erwartungsgemäß wurden die Demonstranten von einem riesigen Polizeiaufgebot begleitet. Selbstverständlich hatten die Versammlungsbehörden, wie auch in den Jahren zuvor, den Protest direkt vor dem Sicherheitskonferenz-Tagungsort verboten. Wie jedes Mal führte die Polizei Personenkontrollen durch und verhaftete präventiv mehrere Demoteilnehmer. Wie immer öfter verletzte die Polizei so das Demonstrationsrecht.
In den meisten Redebeiträgen wurde ein sofortiger Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan sowie aus bundesdeutschen Schulen gefordert. Auch der Kampf gegen die deutsche Kriegspolitik in Afghanistan war eine Leitforderung.
Erfreulich war die Tatsache, dass die Demonstranten sich mit den revolutionären Prozessen im Maghreb und dem Nahen Osten solidarisierten. Die Unterstützung der Imperialisten für Despoten mittels Waffenlieferungen, militärischer Ausbildungshilfe, Wirtschaftsverträgen etc. wurde lautstark kritisiert. Die zahlreichen MigrantInnen, die sich an der Demonstration und Kundgebung beteiligten, betonten den internationalistischen Charakter derselben.
Wir, von der Gruppe „Internationaler Klassenkampf“, halten diese Demonstration für wichtig und notwendig. Nun kommt es bei den Beteiligten darauf an, sich praktisch mit dem Kampf der arabischen Völker, heute allen voran des ägyptischen, zu solidarisieren. Wir, die revolutionäre Jugend in den imperialistischen Zentren, müssen uns für den Sturz des Mubarak-Regimes einsetzen. Dies vor allem angesichts der Pläne, Ägyptens Staatschef Mubarak nach Deutschland auszufliegen, um eine Ìbergangsregierung installieren zu können, und gleichzeitig Mubarak einen würdigen Ausweg aus der Krise aufzuzeigen. Wir müssen dafür kämpfen, dass die deutsche Regierung ihren heuchlerischen Diskurs über Menschenrechte und Demokratie durch den sofortigen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Ägypten ersetzt. Alles andere ist Augenwischerei.
Ferner müssen wir dafür eintreten, dass Mubarak nirgends Asyl gewährt wird, weder in Deutschland noch in den USA. Die Forderung muss lauten, Mubarak und seine Handlanger vor ein ägyptisches Gericht zu bringen, damit ihm und seinen Unterhändlern der Prozess gemacht wird. Selbstverständlich kann dies erst gewährleistet werden, wenn das Mubarak-Regime gestürzt wird und eine revolutionäre verfassungsgebende Versammlung das Land von Grund auf neu organisiert. Dadurch könnten die Massen ihre Illusionen in die bürgerliche Demokratie mit der bitteren Wirklichkeit konfrontieren. Die Erfahrungen der Massen und der revolutionäre Prozess würden enorm beschleunigt werden und dies wäre ein Anstoß um für eine Regierung der Arbeiterklasse und der Armen zu kämpfen, die sich auf Organe der Arbeiterdemokratie stützt und die Kapitalisten und Imperialisten enteignet – ein erster Schritt für eine sozialistische Revolution in der arabischen Welt.
Wir von Internationaler Klassenkampf betrachten den Kampf des ägyptischen Volkes als unseren eigenen. Deshalb nehmen wir ununterbrochen an den Solidaritätskundgebungen in Deutschland teil. Denn wie die aktuelle Erfahrung zeigt, ist einen Schlag gegen die Handlanger des Imperialismus, wie heute Mubarak, auch ein Schlag gegen den Imperialismus selbst.
– Hoch die internationalistische Solidarität!
– Verbreitung und Unterstützung der politischen Kämpfe in Ägypten und dem Maghreb in Deutschland!
– Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit der ägyptischen Diktatur!
– Nieder mit der von den USA und der EU unterstützten Diktatur Mubaraks!
– Für eine Regierung der Arbeiter und des ägyptischen Volkes!
– Die arabische Revolution muss siegen!